Viele Anleger beobachteten in den letzten Wochen vor allem die Bundespräsidentenwahl in Österreich und das Verfassungsreferendum in Italien. Beide Ereignisse fanden am selben Tag statt. An der Wiener Börse fielen am Freitag vor der Wahl die Aktienkurse und auch an anderen europäischen Handelsplätzen war Unsicherheit zu spüren. Während die Österreicher aufatmen konnten – der von den Grünen unterstütze Kandidat Alexander van der Bellen setzte sich bei der Wahl gegen den Rechtspopulisten Norbert Hofer von der FPÖ durch – ging das Verfassungsreferendum in Italien zugunsten des Ministerpräsidenten Matteo Renzi aus, der kurz danach zurücktrat. Die Börsen reagierten dennoch nicht, wie zuvor zum Teil befürchtet, mit heftigen Reaktionen. Zudem ist die Situation in Italien nicht mit dem Brexit zu vergleichen, auch wenn das gescheiterte Referendum neue Unsicherheit für den Euro und die wirtschaftliche und politische Lage Italiens bedeutet. Außerdem wurde die Dezember-Sitzung der EZB mit Spannung erwartet. Unterdessen blickt man in den USA der Sitzung der Notenbank Fed bezüglich einer möglichen Zinserhöhung entgegen. Der DAX liegt derweil auf Höhenflug und knackte nach über einem Jahr erstmals wieder die 11.000 Punkte.
GELD- UND WÄHRUNGSPOLITIK
EU
Russland schließt sich Drosselung der Ölförderung an
Russland stimmt nun doch dem Beschluss der Opec zu und nimmt an der Drosselung der Ölförderung teil. Wie der russische Energieminister Alex Nowak bekannt gab, werden auch die russischen Ölkonzerne ihre Förderung zurückfahren. Russland ist zwar nicht Mitglied in der Opec, der Organisation Erdöl exportierender Länder, wird aber in Zukunft ebenfalls seine Förderung pro Tag um rund 159 Liter senken. Die Opec hatte zuvor endgültig beschlossen, die Ölförderung in der ersten Jahreshälfte 2017 um 1,2 Millionen auf 32,5 Millionen Barrel pro Tag zu reduzieren. Das Ziel ist es, den Ölpreis steigen zu lassen. Neben Russland schlossen sich weitere 12 Länder, die keine Mitglieder der Opec sind, dem Vorstoß der Opec an. Schon am Montag nach der Vereinbarung stiegen die Ölpreise auf den höchsten Stand seit Sommer 2015.
Italien: Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst kurz vor Referendum
Nur wenige Tage vor dem Verfassungsreferendum in Italien einigten sich Regierung und Gewerkschaften auf die erste Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst seit sieben Jahren. Die Beschäftigten erhalten im nächsten Jahr rund 85 Euro mehr im Monat. Die Gehälter von Staatsbediensteten waren aufgrund der hohen Verschuldung des Landes seit 2009 eingefroren. Zudem rief die Gewerkschaft CGIL ihre Mitglieder dazu auf, beim Referendum die geplante Verfassungsreform von Ministerpräsident Matteo Renzi abzulehnen.
Maschinen aus Deutschland weniger gefragt
Die Bestellungen für Maschinen „Made in Germany“ sind im Oktober unter das Niveau des Vorjahres gesunken. Der Hauptgrund sind ausgebliebene Großaufträge. Insgesamt gingen nach Angaben des Branchenverbandes VDMA die Aufträge um zehn Prozent zurück. Im Ausland lag der Rückgang sogar bei 15 Prozent, im Inland gab es immerhin ein kleines Plus von einem Prozent. Im Zeitraum von August bis Oktober, der in der Regel wenig Schwankungen unterworfen ist, lag der Rückgang bei drei Prozent.
Großbritannien erwägt Zahlungen für Zugang zum EU-Binnenmarkt
Die britische Regierung erwägt, nach dem EU-Austritt für einen dauerhaften Zugang zum EU-Binnenmarkt zu zahlen. Der für den Brexit zuständige Minister David Davis sagte, dass es entscheidend sei, den bestmöglichen Zugang für Güter und Dienstleistungen zum europäischen Markt zu bekommen. Dafür kommen für die britische Regierung nun wohl auch Zahlungen an die EU infrage. Die britischen Unternehmen üben Druck aus und möchten Klarheit in dieser Frage. Sie wünschen sich Planbarkeit, wie es nach dem EU-Austritt für sie weitergeht.
Nach diesem Vorstoß von David Davis legte das britische Pfund erstmals seit drei Monaten wieder an Wert zu. Großbritannien will zwar weiter am EU-Binnenmarkt vertreten sein, die Arbeitnehmerfreizügigkeit aus anderen EU-Ländern aber einschränken. Dies ist eigentlich nicht möglich und stößt auf dem Festland auf Widerstand.
Steigende Kosten für Unternehmen
Die britische Industrie bekommt die Folgen des Brexit-Votums immer deutlicher zu spüren. Viele Unternehmen haben mit der anhaltenden Schwäche des Pfunds und damit mit steigenden Kosten zu kämpfen. Allein im Oktober stiegen die Preise für Materialien und Energie so stark wie seit sechs Jahren nicht mehr. Zwar wurden durch das niedrige Pfund britische Exporte ins Ausland billiger, Importe dagegen wurden teurer.
Preise in Großbritannien steigen
Die Inflationsrate in Großbritannien liegt bei über einem Prozent. Die Preise sind damit so stark gestiegen, wie schon seit zwei Jahren nicht mehr. Gerade Kleidung ist für die Briten in den letzten Wochen spürbar teurer geworden. Die Händler gewähren derzeit auch seltener Rabatte. Elektronische Geräte wie Handys wurden ebenfalls teurer. Ausländische Unternehmen wie Apple begründen dies auch mit dem schwachen Pfund.
Für das kommende Jahr erwarten die Briten laut einer Umfrage der Bank of England sogar eine Teuerungsrate von 2,8 Prozent. Die BoE strebt allerdings lediglich zwei Prozent an. Man würde jedoch eine höhere Inflationsrate für einen gewissen Zeitraum tolerieren, um den Aufschwung nicht zu gefährden.
Finanzinvestoren fürchten „harten“ Brexit
Professionelle Finanzinvestoren befürchten bei einem kompletten Ausstieg Großbritanniens aus der EU, dass dies ihre Renditen beeinträchtigt. Coller Capital, einer der führenden Investoren auf dem Private-Equity-Markt, befragte hierzu Kapitalgeber. 37 Prozent von ihnen gaben an, dass sie mit weniger Erträgen aus ihren Private-Equity-Investitionen rechnen, falls ein sogenannter „harter“ Brexit auf sie zukommen wird. Lediglich sechs Prozent erwarten für diesen Fall positive Auswirkungen.
Coller Capital befragt zweimal pro Jahr Versicherungsgesellschaften, Pensionsfonds und andere wichtige Investoren aus aller Welt, die in Unternehmensbeteiligungsfonds investieren. 74 Prozent der Befragten glauben auch, dass Großbritannien unter einem harten Austritt aus der EU leiden würde. 64 Prozent sehen auch das Risiko, dass dieser der EU ebenfalls schaden wird.
Schweizer zum Shoppen in Baden-Württemberg
Noch immer kommen viele Schweizer ins Nahe gelegene Baden-Württemberg, um dort einzukaufen. Die Preise sind in Deutschland für viele Waren deutlich günstiger als in der Schweiz. 2015 verzeichneter die Hauptzollämter in Singen und Lörrach insgesamt 17,6 Millionen Ausfuhrzettel. Seit 2011 ist die Anzahl damit um über 50 Prozent gestiegen. Die Ausfuhrzettel ermöglichen es Nicht-EU-Bürgern, die Mehrwertsteuer erstattet zu bekommen. Dies ist der zweite Pluspunkt für Schweizer, wenn sie in Deutschland einkaufen. Die Nachfrage bei Shampoos und Duschgel ist besonders hoch, aber auch Lebensmittel kaufen die Schweizer gerne in Deutschland ein. Die Händler im Süden Deutschlands in der Nähe der Grenze hoffen derzeit auch aufgrund der Besucher aus der Schweiz auf ein besonders gutes Weihnachtsgeschäft.
Vorfreude auf Weihnachtsgeschäft
Doch nicht nur im Süden Deutschlands wird das Weihnachtsgeschäft mit großer Freude erwartet. Der Handelsverband HDE rechnet in diesem Jahr mit Umsatzrekorden im Weihnachtsgeschäft und geht von einem Gesamtumsatz von 50 Milliarden Euro aus. Damit könnte der Dezember 2016 der umsatzstärkste Monat in der Geschichte werden. Vor allem Uhren und Schmuck sind in diesem Jahr beliebte Geschenke. Die Umsätze in diesem Bereich liegen bei 100 Prozent über den Vormonaten. Gerade für Onlinehändler, die in der Vorweihnachtszeit einen großen Teil ihres gesamten Jahresumsatzes erzielen, hoffen in diesem Jahr auf ein besonders erfolgreiches Weihnachtsgeschäft.
USA
Weiteres Wachstum der US-Wirtschaft
Die US-Notenbank Fed sieht ein weiteres Wachstum der amerikanischen Wirtschaft. Sie legte Anfang November ihren aktuellen Konjunkturbericht für Oktober und November, das sogenannte „Beige Book“, vor. Bei den Löhnen gab es allerdings nur einen geringen Zuwachs. Der starke Dollar belastet zudem das produzierende Gewerbe. Außerdem habe sich in sieben von zwölf Fed-Bezirken die Situation auf dem Arbeitsmarkt verschärft. Auch die Unsicherheit in den Tagen rund um die Präsidentenwahl habe sich in manchen Bezirken negativ auf die Wirtschaft ausgewirkt. Im Großen und Ganzen ist die Fed jedoch zuversichtlich. Im dritten Quartal stieg das BIP um 3,2 Prozent. Dies war der stärkste Zuwachs seit Sommer 2014.
US-Arbeitsmarkt weiter im Aufwind
Im November sank die Erwerbslosenquote in den USA überraschend auf 4,6 Prozent und damit auf den niedrigsten Wert seit neun Jahren. Damit kann sich die USA praktisch über Vollbeschäftigung freuen und erreicht damit eines der wichtigsten Vorgaben der Fed im Hinblick auf eine Zinserhöhung. In den vergangenen Monaten schufen Firmen und staatliche Einrichtungen insgesamt 178.000 neue Stellen. Dies übertraf sogar die Erwartung vieler Fachleute.
Mehr Aufträge für US-Industrie
Im Oktober konnte sich die US-Industrie über 2,7 Prozent mehr Aufträge freuen. Dies ist der kräftigste Anstieg seit knapp eineinhalb Jahren. Im September stiegen die Aufträge nur um 0,6 Prozent. Auch dies ist ein gutes Zeichen für die Entwicklung der amerikanischen Wirtschaft zum Jahresende.
Zinserhöhung in den USA
Wie erwartet erhöhte die US-Notenbank Fed den Leitzins um einen Viertelpunkt. Der Leitzins liegt nun zwischen 0,5 und 0,75 Prozent. Dies ist die erste Zinserhöhung seit einem Jahr. In diesem Zeitraum hielt die Fed den Zinssatz in einer Spanne von 0,25 bis 0,5 Prozent. Die Fed geht damit ihren Weg weiter, die amerikanische Geldpolitik nach der Finanzkrise 2008 zu normalisieren. In der Folge der Finanzkrise lag der Zinssatz jahrelang auf einem Rekordtief nahe Null. So sollten Banken die Möglichkeit haben, sich billiges Geld zu leihen, um die Wirtschaft mit günstigen Krediten zu stützen und so die Konjunktur anzukurbeln. Notenbank-Chefin Janet Yellen stellte zudem drei weitere Zinsschritte im kommenden Jahr in Aussicht.
GELDPOLITIK
Inflation 2018 oder 2019 bei EZB-Zielmarke
EZB-Chef Mario Draghi verkündete kürzlich in einem Interview mit „El Pais“, dass die EZB ihr Inflationsziel von zwei Prozent schon zwischen 2018 und 2019 erreichen will. Derzeit liegt die Inflation im Euroraum bei 0,6 Prozent und damit noch weit vom EZB-Ziel entfernt. Bislang gingen Fachleute davon aus, dass es noch bis ins nächste Jahrzehnt dauern wird, bis die Inflation bei knapp zwei Prozent liegen wird. Draghi verteidigte zudem erneut die sehr lockere Geldpolitik seiner Zentralbank. Diese sei notwendig, um der Konjunktur auf die Sprünge zu helfen. Niedrige Zinsen würden zu einer vollständigen Erholung der Wirtschaft beitragen. Wenn dies erreicht ist, würden auch die Zinsen steigen.
Entscheidung um Börsensteuer erneut verschoben
Seit Jahren wird um die Finanztransaktionssteuer (FTT) gerungen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble stellte von einigen Wochen in Aussicht, dass noch in diesem Jahr eine Entscheidung fallen könnte. Ursprünglich war für Anfang Dezember eine Sitzung geplant, die jedoch nicht zustande kam. Erst im Januar wird daher das Thema wieder auf die Tagesordnung kommen. Einige Länder müssten noch Daten nachliefern und der italienische Wirtschaftsminister konnte aufgrund der Situation in Rom nach dem Verfassungsreferendum nicht an der Sitzung teilnehmen.
Befürworter enttäuscht
Befürworter der Finanztransaktionssteuer zeigten sich enttäuscht. Schäuble hatte vor kurzem die Hoffnung geweckt, dass man bis zum Jahresende zumindest eine Minimalregelung finden könnte. Es gebe eine Vereinbarung über die Kernbestandteile einer zukünftigen Finanztransaktionssteuer. Dennoch gebe es noch komplexe Fragen zu klären und auch die Höhe der Steuersätze sei noch nicht festgelegt. Schäuble wollte die Sitzung nutzen, um seine Kollegen aus anderen EU-Ländern über den aktuellen Stand der Dinge zu informieren.
Das Ziel der Transaktionssteuer ist es, Börsenspekulationen einzudämmen. Schäuble startete vor einigen Monaten einen neuen Vorstoß, um eine weltweite Finanztransaktionssteuer voran zu bringen. Die betroffenen Banken lehnen das Vorhaben ab. Sie begründen dies damit, dass eine Finanztransaktionssteuer nur zu einer Verlagerung von Finanzgeschäften in andere Länder führen würde.
EZB-Sitzung zu Anleihekäufen
Die EZB gab nach ihrer Dezember-Sitzung bekannt, dass sie ihr Anleihenprogramm mindestens bis September 2017 verlängern wird, die monatliche Kaufsumme wird jedoch ab April um 20 Milliarden auf 60 Milliarden reduziert. EZV-Chef Mario Draghi betonte allerdings, dass es sich hierbei nicht um den Beginn des Ausstiegs aus dem Anleihenprogramm handelt. Die Entscheidung der EZB gab einigen Fachleuten Rätsel auf. Viele hatten erwartet, dass die EZB die Höhe der Anleihekäufe nicht verändern wird und nicht vom geplanten Enddatum im März 2017 abweichen wird. Daher fallen die Einschätzungen der Experten durchaus unterschiedlich aus. So bewerten einige das Vorgehen der EZB doch als „Tapering“, also den langsamen Ausstieg aus den Anleihenkäufen.
Modifikationen am Anleihenprogramm
Die EZB will Knappheiten am Anleihenmarkt vorbeugen. Man werde in Zukunft Wertpapiere auch kaufen, deren Effektivzins bzw. Rendite unterhalb des EZB-Einlagensatzes von minus 0,4 Prozent liegt. Dies hatte man in der Vergangenheit vermieden, wohl um Verlusten für die EZB vorzubeugen. Zudem will man von nun an Wertpapiere mit Laufzeit ab einem Jahr kaufen. Bisher entschied man sich für Anleihen mit Laufzeiten von zwei bis 31 Jahren. Mit diesen beiden Veränderungen erhöht sich die Anzahl an Wertpapieren, die die EZB ankaufen kann. Hätte die EZB auf diese Modifikationen verzichtet, wären die erwerbbaren Anleihen wie beispielsweise deutsch Bundesanleihen im nächsten Jahr knapp geworden.
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