US-Markt erwartet eine Sommer-Rallye
Die Masse der Börsianer ist leicht bullish gestimmt. Sowohl Profis als auch Private sind dabei im Gleichklang. Und das, obwohl sich jedes Jahr zu dieser Jahreszeit Crash-Propheten in die Öffentlichkeit drängen. Besonders auffällig sind immer Marc Faber (Dr. Doom) oder Bob Prechter mit ihren Interviews. Sie können gewiss sein, dass deren Schlussfolgerungen nie bullish ausfallen. Mein Tipp: Lassen Sie sich nicht verunsichern.
Unsere Jahreszeit wird bestimmt durch die Börsenweisheit „sell in may and go away. Für diesen Börsenspruch gibt es sogar einen statistischen Nachweis, denn oft treten Börsenkurse im Sommer den Rückzug an. Dabei wird außer Acht gelassen, dass Aktienkurse sich nicht immer zyklisch verhalten. Wer automatisch seine Aktien im Mai auf den Markt wirft, nur weil der Monat begonnen hat, der verpasst eben manchmal eine Sommerrallye.
Die Stimmung in den USA
Die AAII (American Association of Individual Investors) unternimmt eine monatliche Stimmungsumfrage, die folgendes Ergebnis brachte. (04.05.2017)
Bullish 38,1% (-0,1% zum Vormonat)
Neutral 32,0 (+1,7% zum Vormonat)
Bearish 29,9% (-1,8% zum Vormonat)
Die AAII führt diese Umfrage jeden Monat durch. Hierzu müssen die Marktteilnehmer eine Prognose für die nächsten sechs Monate abgeben.
Das Ergebnis lässt vermuten, dass die Börsianer nicht die Absicht haben, ihre Aktien zu verkaufen. Die US-Wirtschaft läuft zu gut, und ein Ende ist nicht absehbar.
Bild: Wochen-Chart des S&P500 mit RSI-Indikator
Im oberen Chart sind zwei Trendkanäle mit Hilfe von Trendgabeln eingezeichnet. Jede Pitchfork bildet einen Trendkanal ausgehend von drei markanten Kurspunkten.
Beide Pitchforks zeigen nach oben, und sind gleichzeitig ineinander verschachtelt. Aktuell sieht es so aus, als würde der Kurs noch einmal beschleunigt werden. Dieser Effekt sollte sich bis zur Mitte des Sommers fortsetzen.
Trendanalyse der größten Dow Jones-Unternehmen
Kurzfristig = Trendanalyse der vergangenen 40 Tage
Mittelfristig = Trendanalyse der vergangenen 40 Wochen
Langfristig = Trendanalyse der vergangenen 40 Monate
Tabelle: Dow Jones Mighty
In der oberen Tabelle sind die sechs größten Unternehmen des Dow Jones Industrial nach der Marktkapitalisierung aufgeführt. Diese Unternehmen sind enorm wichtig, um das Steigungspotenzial des gesamten US-Aktienmarktes abzuschätzen. In der oberen Tabelle werden die Trends aus drei verschiedenen Zeitrahmen betrachtet.
Obwohl jeweils drei Unternehmen im Abwärts- bzw. im Aufwärtstrend sind, gibt es einen leichten Vorteil für die Bullen. Zählt man nämlich die Longs und Shorts zusammen, dann steht es 9 zu 6 für die Bullen. Dieser kleine Vorteil ist die Ursache für mehrheitlich steigende Aktien. Der Vorteil ist allerdings nicht so stark, dass sich die Bullen ein Polster aufgebaut hätten. Die nächste stärke Abwärtswelle könnte die Lage zu Gunsten der Bären verschieben.
Amazon– Aktie kaufen?
Was fällt Ihnen zum Buchhandel ein? Die meisten denken dabei an dem örtlichen Buchhandel mit seinem Angebot für Taschenbuch-Bestseller. Erst an zweiter Stelle kommt der elektronische Buchhandel. Erinnern Sie sich noch? Die Wurzel des Amazon-Konzerns war der elektronische Buchhandel. Oh mein Gott, was ist Amazon für ein Monster geworden? Den Buchhandel gibt es zwar immer noch, doch er macht nur noch einen kleinen Teil des Unternehmens aus.
Amazon ist ein typisches Beispiel eines Wachstumsunternehmens, das um jeden Preis Marktanteile gewinnen möchte. Umsatz, Umsatz und nochmals Umsatz heißt die Devise. Wenn ein Markt den Umsatz nicht mehr hergibt, dann macht das nichts. Es wird sofort ein neuer Geschäftsbereich gegründet. Das macht sich mit schwachen Geschäftszahlen bemerkbar.
Im Versandhandel erzielt Amazon eine operative Marge von 0,3%. Das ist so ein kleiner Wert, bei dem andere Handelsunternehmen in Panik ausbrechen würden. Ganz zu schweigen, was Börsianer bei anderen Aktien machen würden – sie verkaufen.
Hohe Gewinne gibt es lediglich in einem handelsfremden Bereich
Falls Sie sich jetzt fragen, wie die Gewinne bei Amazon entstehen, dann ist die Antwort „Amazon Web Service“. Darunter verbirgt sich ein Internet Cloud Service, der für andere Unternehmen eine Dienstleistung erbringt. Zu den großen Kunden zählen Netflix und Dropbox. Das Cloud-Geschäft ist zwar ein schöner Nebenverdienst, doch man muss ernsthaft die Frage stellen, was mit der Kernkompetenz (Internet-Versandhandel) passieren soll. Die Marktkapitalisierung von Amazon beträgt circa 488 Milliarden US-Dollar. Zieht man den Wert ins Verhältnis zu den Unternehmensgewinnen, dann muss man „kräftig Schlucken“. Die Schlussfolgerung ist zwingend: Amazon ist extrem überbewertet!
Der Chef von Amazon, Jeff Bezos, ist ein begnadeter Verkäufer seines Geschäftskonzeptes. Um die Aktionäre bei Laune zu halten, kommt er ständig mit neuen „bahnbrechenden“ Ideen. Diese halten den Aktienkurs dauerhaft oben.
Die neueste Idee ist der Lebensmittelhandel „Prime Now“ bzw. „Amazon Fresh“. In diesem Fall möchte sich Amazon als Dienstleister (Handel und Bring-Service) etablieren. Gleichzeitig wird Ihnen dann noch ein Handy-Vertrag angeboten, damit Sie telefonieren können. Amazon will also in den Handel mit SIM-Karten einsteigen. Parallel dazu hat Amazon in den USA seine eigene Kleidungskollektion produziert, um sie über den Versandhandel verkaufen zu können.
Verzettlung als Geschäftsidee?
Ich habe Ihnen hier nur eine kleine Auflistung einiger Geschäftsideen beschrieben. Es gibt noch viele andere Ansätze, die Amazon verfolgt.
Spätestens jetzt, sollte ein Betriebswirtschaftler ein mulmiges Gefühl bekommen. Langfristiger Unternehmenserfolg funktioniert nämlich anders. Jedes erfolgreiche Unternehmen hat es geschafft, in seinem speziellen Geschäftsbereich eine überdurchschnittliche Kompetenz aufzubauen. Daraus entstehen dann die Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz, und sie führen fast schon nebenbei zu einem Ertrag.
Amazon spielt dagegen auf so vielen Hochzeiten, dass man über eine unendliche Verzettlung nachdenken muss. Anders ausgedrückt, es gibt bei Amazon so viele unterschiedliche Geschäftsbereiche, dass keine Effizienz entstehen kann. Jeder einzelne Bereich erfordert spezielle Fähigkeiten und Knowhow. Dieses Knowhow aufzubauen, erfordert Arbeit und viel Zeit, die sich Amazon nicht nehmen will.
Das Geschäftsmodell heißt in Wirklichkeit: Shareholder Value
Was das Management von Amazon seit vielen Jahren vollzieht, ist ein anderes Geschäftsmodell als der Versandhandel. Immer dann, wenn es für Amazon schwierig wird, nimmt sich das Management einen neuen Geschäftsbereich vor. Eine neue Idee kombiniert mit einem neuen Markt und schon investieren die Aktionäre. Seit dem Börsengang von Amazon versteht es das Management, alte Aktionäre bei Laune zu halten und mit neuen Ideen neue Aktionäre anzulocken. Der Kursverlauf der Aktie ist der beste Beweis dafür, dass es funktioniert. Man könnte behaupten, dass der wirkliche Geschäftsbereich nur die Steigerung des Börsenkurses ist. Inzwischen ist Jeff Bezos der drittreichste Mann der USA. Sein geschätztes Vermögen beträgt 75 Milliarden US-Dollar.
Das gab es schon einmal – und es ging nicht gut aus
Altbörsianer werden sich an den „Neuen Markt“ erinnern. Die Mehrheit der damaligen Unternehmen gibt es nicht mehr. Der Neue Markt bestand hauptsächlich aus Unternehmen, die sich dem ausufernden Wachstum verschrieben haben. Das Umsatzwachstum war das wichtigste Kriterium für die Unternehmensbewertung, und passend dazu, erreichten die Aktienkurse fast den Himmel. Eine Eigenschaft der Wachstumsunternehmen ist, dass sie in Zeiten des weltweiten Prosperierens, sehr präsent sind. Aber in Zeiten der Rezession, ändert sich das Bild radikal. In der Rezession überleben nur Unternehmen mit echten Wettbewerbsvorteilen, Mitläufer sterben aus.
Geschäftszahlen von Amazon
Amazon | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 |
Umsatzerlöse | 74452 | 88988 | 107006 | 135987 | 166164 | 201034 |
Ergebnis vor St. | 506 | -111 | 1568 | 3892 | 4802 | 8461 |
KGV | 675 | 0 | 540 | 156 | 139 | 80 |
Angaben in Mio US-Dollar
Angaben für 2017 sind Schätzungen Quelle: finanzen.net
Es lässt sich nicht leugnen, Amazons Umsatzsteigerungen sind beeindruckend. Die Aufmerksamkeit sollte nun auf den Unternehmensergebnissen liegen. Für die nächsten Jahre gehen die Analysten von starken Gewinnzunahmen aus. In diesem Punkt bin ich eher vorsichtig, denn in den vergangenen Jahren war es ähnlich. Amazon interessiert sich weniger um Gewinne, und versucht lieber neue Märkte zu erobern.
Bild: Wochen-Chart der Amazon-Aktie mit dem RSI-Indikator
Der Aufwärtstrend hat Power
Die oberen Ausführungen zur fundamentalen Lage von Amazon sind nicht besonders ermutigend. Bei Betrachtung des Charts, muss ich Ihnen als Technischer Analyst sagen, dass Sie die oberen Argumente vorerst nicht beachten sollten. Der Aktie befindet sich in einem stabilen Aufwärtstrend. Im Chart sind sogar zwei in sich verschachtelt Trendkanäle zu entdecken. Das multipliziert noch einmal den Kaufdruck.
Bild: Wochen-Chart der Amazon-Aktie mit dem On-Balance-Volume (OBV)
Der Volumentrend ist stabil
Ein gesunder Kurstrend sollte mit dem Volumentrend harmonieren. Im oberen Chart sind die drei wichtigsten Aufwärtswellen mit Kanälen markiert. Kanal (1) betrifft 2015 und Kanal (2) liegt in 2016. Der dritte Trendkanal ist unvollständig und kann noch ungewöhnlich lange laufen. Sieht man sich den Verlauf des OBV an, dann sind alle drei Kanäle gesund und stabil. Gut, wenn man pingelig ist, und die Steigungen vergleicht, dann könnte man durchaus eine Abflachung der Neigung diagnostizieren. Insgesamt sollte man das nicht überbewerten. Es ergibt sich nur eine minimale Divergenz, und bei Betrachtung des langen Zeitraumes ist das nicht ungewöhnlich.
Fazit: Die Aktie läuft aufwärts, und sollte den Schwung mindestens in den Sommer hinein beibehalten.
Amazon-Aktie: WKN: 906866 an deutschen Börsen
oder US-Symbol AMZN in den USA
Kursziel: 970,- US-Dollar
Stop-Loss: 850,- US-Dollar
Zwischenziel: ohne
Handelsumsetzung:
Wenn Sie von der kurzfristigen Aktienempfehlung profitieren möchten, können Sie die Aktie direkt kaufen oder mit Derivaten arbeiten. Beachten Sie, dass Derivate einen Hebel enthalten und Sie somit das Gewinn- und Verlustpotenzial steigern. Im Extremfall ist sogar ein Totalverlust möglich.
Handelshinweise:
Stop-Loss:
Der Stop-Loss wird zunächst als Initial-Stop gesetzt, und hat die Funktion einer maximalen Verlustbegrenzung.
Kursziel:
Das Kursziel ist der Ausstiegspunkt für die prognostizierte Marktbewegung.
Zwischenziel: Bei Erreichen des Zwischenziels befindet sich die Position im Gewinn. An dieser Stelle nehmen wir einen Teilgewinn mit, und wir verkaufen 50% unserer Position. Gleichzeitig wird der Stop-Loss auf den persönlichen Einstiegskurs nachgezogen. So können wir unsere Position verlustfrei schließen, auch wenn sich der Markt später gegen uns stellt.
Risikohinweis:
Die von Christian Lukas empfohlenen Handelswerte sind in der Regel spekulativ. Als Anleger sollten Sie sich der Risiken immer bewusst sein. Trotz sorgfältiger Recherche kann es vorkommen, dass die prognostizierte mit der tatsächlichen Entwicklung nicht übereinstimmt. Es wird ausdrücklich davor gewarnt, die Anlagemittel nur auf wenige Wertpapiere zu verteilen. Aufgrund der spekulativen Risiken, die mit Wertpapieranlagen verbunden sind, sollten Wertpapierkäufe grundsätzlich nicht auf Kredit finanziert werden.
Wir machen Sie vorsorglich darauf aufmerksam, dass die von Christian Lukas enthaltenen Finanzanalysen und Empfehlungen zu einzelnen Finanzinstrumenten eine individuelle Anlageberatung durch Ihren Anlageberater oder Vermögensberater nicht ersetzen können. Die Analysen und Empfehlungen richten sich an Leser, die in ihrem Anlageverhalten und ihren Anlagezielen sehr unterschiedlich sind. Daher berücksichtigen die Analysen und Empfehlungen in keiner Weise Ihre persönliche Anlagesituation.
Christian Lukas macht Sie darauf aufmerksam, dass er in einem empfohlenen Wert selbst investiert sein kann.
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