Timing ist neben dem Risikomanagement das A und O im Trading. Man könnte sogar sagen, dass das Timing eine Art des Risikomanagements ist, denn es sorgt in vielen Fällen dafür, dass man einen guten Preis bekommt und die Wahrscheinlichkeit für einen Gewinn dementsprechend sehr hoch ist. Stichwort: Chancen-Risiko-Verhältnis.
Doch was bedeutet eigentlich „richtiges Timing“? Das hängt davon ab, in welche Richtung der Handel erfolgen soll. Wenn man Call-Optionen kauft, stellt ein Preis nahe den Tiefs sicherlich ein sehr gutes Timing dar – beim Handel von Put-Optionen gelten die Hochs als gute Ausgangslage. Diese zu treffen ist in der Praxis jedoch nicht sehr einfach, denn dass ein Hoch gebildet wurde, erkennt man in vielen Fällen erst hinterher.
Wie erkennt man Hochs und Tiefs?
Dennoch gibt es technische Set-ups, bei denen sich ein Hoch bzw. ein Tief erahnen lässt. Das kann zum einen der Fall sein, wenn starke Widerstände oder Unterstützungen erreicht werden. Sehr risikobewusste Händler warten meist auf die Bestätigung eines Hochs bzw. Tiefs, oft mithilfe von Indikatoren. Doch weil viele Indikatoren nachlaufend sind, stellt sich auch dieser Umstand als kompliziert für das richtige Timing dar.
Dennoch: Besonders bei Indikatoren, die die Stärke des Trends anzeigen, können Divergenzen durchaus auf eine Ausbildung solcher Punkte hindeuten, wie das folgende Chart des DAX Futures darstellt. Während der DAX Future weiter anstieg, befand sich der RSI-Indikator bereits in einem Abwärtstrend.
Ein gängiges Set-up, um ein Tief zu erkennen, ist die klassische Bodenbildung in Form einer SKS-Formation oder eines Doppel-Bodens. Doch schaut man sich denselben DAX Future an, so wird man alleine in dem vom letzten Hoch aus beginnenden Abwärtstrend mehrere solcher Formationen erkennen, die den Kurs jedoch jedes Mal nicht nachhaltig stützen konnten.
Vor allem im Handel von Produkten, die ein manuelles Risikomanagement erfordern, also Stops selbst gelegt werden müssen, wären die Verluste jedes Mal gering ausgefallen, sofern der Einstieg nahe den Tiefs erfolgt wäre. Hätte man die Stops mitgezogen (Trailing Stops), wären womöglich gar keine Verluste angefallen.
Trader, die darauf gewartet haben, dass zunächst der Widerstand bei 11.800 Pkt. erreicht wurde, bevor sie eingestiegen sind, weil sie so fälschlicherweise von einer Bestätigung ausgingen, haben definitiv Verluste zu verzeichnen gehabt, siehe Chart unten.
Doch auch im Handel von binären Optionen sollte sich ein richtiges Timing als zielführend erweisen, denn obwohl der Trend wieder nach unten zeigte, würde der Gewinn letztendlich von der gewählten Laufzeit abhängen. Und je besser das Timing, umso mehr Zeit hätte man, um in der Gewinnzone zu bleiben.
Die umgekehrte Psychologie beim Timing
Dem oberen Chart zufolge sollte ein gutes Timing eigentlich nicht allzu schwer sein, oder? Man kauft so nah wie möglich an Tiefs oder Hochs. Fakt ist jedoch, dass gerade der Kauf nahe den Tiefs oder Hochs der Überwindung von psychologischen Hürden bedarf. Denn oft befindet sich der Trend nahe eines Tiefs immer noch Richtung abwärts. Um ein richtig gutes Timing zu erzielen, muss man also gegen den Trend handeln – und das spricht natürlich gegen den Gedanken der gewünschten Bestätigung.
Wenn man jedoch auf diese Bestätigung – ob durch Indikatoren oder das Erreichen eines Widerstandes (siehe 11.800 Pkt.) – verzichtet, so geht man ein höheres Risiko ein. Das ist grundsätzlich eine falsche Annahme, die uns unser umgedrehtes Verständnis von Risiko suggeriert.
Das Risiko ist natürlich höher, wenn bereits alle eingestiegen sind, man also eigentlich zu spät auf den Zug aufspringt. Währenddessen ist das Risiko nahe den Tiefs alleine schon deswegen geringer, weil man sich sehr nah absichern kann, da Tiefs gleichzeitig wichtige Unterstützungen darstellen.
Sollten diese Tiefs wieder angesteuert werden, so können Verluste, wie weiter oben bereits angedeutet, gering gehalten werden. Ein besseres Timing als ein Einstieg nach einer Bestätigung stellt daher stets ein günstigeres Chancen-Risiko-Verhältnis dar.
Diese psychologische Hürde gilt es zu überwinden, wenn es darum geht, ein gutes Timing zu erzielen. Dabei basiert die Hürde lediglich auf unserem falschen Verständnis von Risiko. Aber wie sollte man es auch anders verstehen, wenn es so gut wie nie kommuniziert wird?
Fazit: Die Psychologie macht’s
Wie so oft spielt die Psychologie auch beim richtigen Timing eine große Rolle. Vor allem unser Verständnis von Risikosituationen ist ausschlaggebend dafür, ob wir die Lage richtig einschätzen. Die Risikosituation kann man jedoch nur richtig beurteilen, wenn die Konsequenzen der jeweiligen Einstiege bekannt sind.
Eine essenzielle Frage wäre daher in diesem Fall: „Welcher Verlust entstünde für mich, wenn ich hier kaufe – und welcher, wenn ich an dieser Stelle einsteige?“ Meist lässt sich diese Frage bereits durch die Analyse der Vergangenheitskurse beantworten. Oft ist das CRV nahe den Tiefs besser als an anderer Stelle. Mit dieser Erkenntnis ist der erste Schritt zum richtigen Timing getan.
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