Auf der Internetseite des Brokers Alpari war noch bis zum Freitagnachmittag vor der Alpari Pleite ein Bericht über den drastischen Rückgang des Euro gegenüber dem Schweizer Franken zu lesen. Was die Online-Redakteure bei der Erstellung der Meldung noch nicht wussten: Der Broker selbst musste wenig später aufgrund dieses Kurseinbruchs Insolvenz anmelden. Was wurde aus dem Unternehmen? Haben die Anleger ihr Geld zurück bekommen? Was lernen Trader daraus? Und warum wirbt unter Alpari.com heute wieder ein Broker um Kunden?
Die wichtigsten Fragen zur Alpari-Pleite
- Wie kam es zur Pleite?
- Wer hat Schuld an dem Zusammenbruch?
- Was bedeutete das für Alpari-Kunden?
- Was lernen Trader aus der Pleite?
- Wer verbirgt sich heute hinter Alpari.com?
So kam es zur Alpari-Pleite
Schon seit mehreren Jahren stieg der Kurs der Schweizer Währung gegenüber dem Euro – oder anders ausgedrückt, der Euro verlor im Vergleich zum Franken an Wert. Im Oktober 2007 bekam man für einen Euro noch 1,68 Schweizer Franken, 2011 waren es nur teilweise nur 1,18. Die Aufwertung verbilligte Einfuhren in die Schweiz und verteuerte die eidgenössischen Erzeugnisse, was viele Beobachter als Belastung für die dortige Wirtschaft sahen.
Die Schweizer Notenbank verpflichtete sich deshalb, den Euro über der Marke von 1,20 Franken zu halten. Dafür kaufte sie selbst Euro auf und zahlte mit Schweizer Franken. Doch diese Politik führte zu einer Geldschwemme, am Donnerstag beendete die Zentralbank deshalb das Experiment. Der Kurs des Euro fiel daraufhin um rund 20 Prozent und lag teilweise sogar unter 1,00 Franken.
Viele Anleger erlitten dadurch so hohe Verluste, dass diese nicht mehr durch ihre Einlagen gedeckt waren. Der Broker musste die Schulden deshalb übernehmen, was einige Unternehmen überforderte, darunter auch den britischen Forex- und CFD-Broker Alpari.
Warum waren die Verluste so hoch?
Die hohen Verluste sind vor allem durch den bei CFDs und Devisen üblichen Hebel zu erklären. Trader müssen oft nur einen kleinen Teil des tatsächlichen Wertes der Position hinterlegen, die sogenannte Sicherheitseinlage oder Margin. Eine Margin von 0,5 Prozent bedeutet einen Hebel von 200, weil das 200fache dessen gehandelt wird, was man einzahlen muss.
Sofern der Broker nicht explizit auf eine Nachschusspflicht verzichtet, sind die Verluste keineswegs auf die Einlage beschränkt. Das unterscheidet CFDs und Forex von Knock-out-Zertifikaten. Im Fall der Franken-Aufwertung betrug der Verlust nicht selten 20 Prozent. Da aber oft nur 0,5 Prozent Kursverlust durch die Sicherheitseinlage abgedeckt waren, mussten die übrigen 19,5 Prozent nachgezahlt werden. Trader verloren also das 40fache ihres Einsatzes. Wer beispielsweise 1.000,- Euro investiert hatte, musste Verluste von 40.000,- Euro verkraften – und 39.000,- Euro nachschießen. Damit waren viele Trader natürlich überfordert.
Wer ist schuld am Zusammenbruch?
Schuld ist in hartes Wort, doch mindestens an drei Stellen wurden Fehler gemacht.
So muss sich die Schweizer Notenbank die Frage gefallen lassen, ob der harte Ausstieg nötig war. Zwar hätte sich die aktuelle Politik nicht mehr ewig fortsetzen lassen, doch ein Ausstieg in Schritten wäre denkbar gewesen, beispielsweise zunächst ein neuer Kurs von 1,15 Euro, dann von 1,10 und so weiter. Andere Kritiker gehen noch weiter, die Zentralbank hätte erst gar keine Obergrenze für den Wert des Franken festlegen dürfen.
Auch Alpari hat aber offenbar Fehler gemacht. Ganz unvorbereitet war der Broker nicht, automatisch wurden die Positionen aufgelöst, als der Kurs abstürzte, doch es fand sich kein Verkäufer. Niemand wollte kaufen, erst bei einem Wert von rund einem Euro je Franken gab es wieder Nachfrage, doch da war es schon zu spät. Doch das Unternehmen, das auch den Fußballverein West Ham United sponserte, muss sich fragen lassen, ob man das Risiko nicht hätte erkennen und gegensteuern müssen, beispielsweise durch niedrigere Hebel für dieses Währungspaar. Das hatten einige Schwestergesellschaften von Alpari UK getan, beispielsweise Alpari Belize. Sie überlebten die Krise, doch dazu später mehr.
Aber auch die Anleger, die auf einen steigenden Euro setzten, müssen sich Kritik anhören. Scheinbar war es ein todsicheres Geschäft, weil der Euro durch die Politik der Notenbank nicht unter 1,20 fallen konnte. Wer zu diesem Kurs kaufte, konnte scheinbar nur gewinnen.
Doch die Erfahrung lehrt, dass es keine garantierten Gewinne gibt. Gerade Markteingriffe führen oft dazu, dass nach einer Weile die Entwicklung umso heftiger ist. Das haben viele Anleger offenbar vergessen.
Was bedeutet das für Alpari-Kunden?
Alpari-Kunden hatten Glück im Unglück, denn der Broker war durch die britische FCA reguliert und unterlag EU-Vorschriften. Somit waren alle Einlagen von Kunden auf separaten Konten gelagert, von den Geldern des Brokers streng getrennt. Auf dieses Geld haben die Gläubiger keinen Zugriff, es geht nicht in die Insolvenzmasse ein, sondern wird an die Kunden zurückgezahlt.
Alpari war außerdem Mitglied des britischen Financial Services Compensation Scheme, der im Notfall die Einlagen der Kunden bis 50.000 Pfund (rund 65.000 Euro) absichert.
Tatsächlich bekamen alle Trader ihre Einzahlung erstattet, auch wenn die Abwicklung von Alpari UK länger dauerte als zunächst erhofft. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG führte das Unternehmen durch die Insolvenz und zahlte in der zweiten Jahreshälfte 2015 auch die letzten Kunden aus.
Pech hatten natürlich die Trader, die hohe Verluste durch die Franken-Aufwertung erlitten. Daran hatte auch die Insolvenz von Alpari nichts geändert.
Was können Trader aus der Alpari Insolvenz lernen?
Trader sollten aus Alpari-Pleite zweierlei lernen. Zum einen ist es wichtig einen Broker auszuwählen, der Kundengelder getrennt von eigenen Guthaben verwahrt und idealerweise Mitglied einer Entschädigungseinrichtung ist. Das gilt für alle Broker aus EU-Staaten, nicht aber für alle aus anderen Ländern. Leider zeigt der Fall Alpari auch, dass selbst seriöse Unternehmen nicht vor einer Insolvenz sicher sind, denn die Briten hatten einen guten Ruf.
Nicht alle Einlagensicherungsfonds sind gleich gut. Idealerweise handelt es sich um ein großes und wirtschaftlich solides Land. Das trifft auf Großbritannien zu, Einlagensicherungsfonds anderer Länder wie Bulgarien oder Zypern gelten als weniger sicher.
Der Absturz des Euro zum Schweizer Franken zeigt aber auch, dass es keine sicheren Geschäfte am Wertpapiermarkt gibt. Wo Geld scheinbar risikolos verdient werden kann, lauert meistens eine besonders große Gefahr. Denn eine Marktentwicklung zu unterdrücken ist wie einen Fluss aufstauen: Bricht die Staumauer, ist die Wucht umso größer.
Leider ist der Absturz des Euro gegenüber dem Schweizer Franken auch ein Beispiel dafür, dass die üblichen Sicherungsmechanismen nicht immer funktionieren. Viele Trader hatten Stoppkurse (Stop Loss) gesetzt, um zu hohe Verluste zu vermeiden. Die Positionen sollten automatisch aufgelöst werden, sobald das eingezahlte Geld aufgebraucht ist.
Grundsätzlich sind solche Stoppkurse keine schlechte Idee. In diesem Fall aber versagten sie, denn der Absturz war so gewaltig, dass es zeitweise keinen Handel mehr gab. Wer bei einem Kurs von 1,1955 Franken seine Euro-Position verkaufen wollte, fand keine Nachfrage. Erst als der Euro bei weniger als 1,00 Franken lag, gab es wieder Handel. Da waren die Verluste aber schon hoch.
Trotzdem ist das Setzen von Stoppkursen meist ein guter Schutz, man sollte sich aber immer bewusst machen, dass er in Extremsituationen nicht ausreichen kann.
Mehr Sicherheit: Hohe Verluste vermeiden
Wie können Trader Verluste vermeiden, wie sie einige Trader nach der Freigabe des Schweizer Franken erfuhren? Dafür gibt es je nach Risikoneigung unterschiedliche Antworten.
1. Aktien und Zertifikate handeln
Eine einfache Möglichkeit ist es natürlich, mit Aktien oder Zertifikaten zu handeln. Einige Derivate wie Futures können ebenfalls ein sehr hohes Risiko beinhalten, doch bei den meisten Produkten können Trader nicht mehr verlieren als sie investiert haben. Das gilt natürlich für Aktien, aber auch für Optionsscheine und viele Zertifikate.
Wer gerne mit einem Hebel handelt, kann auch Knock-Out-Zertifikate kaufen. Knock-Out-Zertifikate werden deshalb auch als Hebelzertifikate bezeichnet. Bei einem Hebel von x10 sind Verluste und Gewinne zehnmal so hoch wie beim Kauf des Basiswertes. Das ist wenig im Vergleich zu den Hebeln beim CFD-Trading, allerdings sind dafür Verluste auf den Kaufpreis beschränkt, eine Nachschusspflicht gibt es nicht.
Attraktiv ist diese Anlageform vor allem für mittelfristige Anleger, beim Daytrading können die Gebühren schnell hoch werden.
2. Broker ohne Nachschusspflicht wählen
Wer kurzfristig tradet und hohe Hebel wünscht, für den ist CFD-Trading meist besser geeignet als der Kauf von Knock-Out-Zertifikaten über einen regulären Aktienbroker. Soll eine Nachschusspflicht vermieden werden, ist das bei einigen Brokern auch möglich. Vor allem deutsche Anbieter verzichten oft auf das Einfordern von Verlusten über die Margin hinaus, beispielsweise die Consorsbank oder comdirect. Bei comdirect muss der Verzicht des Brokers aber extra beantragt werden, außerdem sinkt dann der Hebel.
Grundsätzlich werden bei allen Brokern ohne Nachschusspflicht Positionen automatisch aufgelöst, wenn die Margin nahezu aufgebraucht ist. Der Broker springt also nur dann ein, wenn die Verluste trotzdem die Sicherheitseinlage übersteigen. Bei manchen wie bei Admiral Markets ist der Verzicht auch ein Entgegenkommen, das nicht eingefordert werden kann. Trader sollten sich deshalb vor der Wahl des Brokers informieren.
3. Binäre Optionen handeln
Wer gerne kurzfristig handelt, aber einen Nachschuss auf jeden Fall vermeiden will, für den können Binäre Optionen eine gute Wahl sein. Denn hier kann maximal der Einsatz verloren werden. Einige Broker bieten sogar eine Verlustabsicherung, bei der ein Teil des Geldes selbst dann zurückgezahlt wird, wenn die Option aus dem Geld ist. Allerdings sind dann natürlich auch die möglichen Gewinne niedriger.
Beim Handel mit Binären Optionen erhalten Trader einen festen Gewinn, sobald die Option im Geld ist, egal ob der Zielkurs nur knapp oder deutlich erreicht wurde. Ist die Option aus dem Geld, verlieren sie meist alles – teilweise minus die Verlustabsicherung.
Binäre Optionen bieten sowohl die Möglichkeit, kurzfristig zu handeln als auch Positionen über mehrere Tage, manchmal auch Wochen zu halten. Ihr Vorteil ist die Kombination von hohen Chancen und der Beschränkung des maximalen Verlusts auf den Einsatz.
Wer ist Alpari heute?
Bleibt die Frage zu beantworten, warum es heute unter Alpari.com noch immer einen Broker gleichen Namens gibt. Die Antwort darauf ist einfach. Nur die britische Tochter war damals von der Pleite betroffen, Alpari.com wird heute von Alpari Belize sowie Alpari St. Vincent und die Grenadinen betrieben.
Grundsätzlich können auch Europäer Kunden bei Alpari werden. Doch schon ein Blick auf die angebotenen Sprachen zeigt, dass Deutschland nicht zu den Zielmärkten gehört. Viele sind noch nicht einmal in lateinischer Schrift geschrieben. Stark aktiv ist der Broker beispielsweise in Nigeria, in Russland und anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion sowie in Indonesien.
Deutsche Trader müssen allerdings nicht nur auf deutschsprachigen Support verzichten, sondern auch auf die Vorteile einer EU-Regulierung. In den meisten Fällen dürften deshalb andere Broker die bessere Wahl sein.
Fazit
Die Pleite von Alpari UK zeigt zweierlei. Zum Einen sollten Trader auf einen seriösen und EU-regulierten Broker Wert legen. Dann nämlich profitieren sie vom Einlagenschutz und anderen EU-weiten Vorschriften zur Absicherung von Kundeneinlagen. Noch wichtiger ist allerdings der Schutz vor hohen Nachforderungen, denn wegen des hohen Hebels können Verluste schnell ein Vielfaches der Einzahlung betragen. Kunden können sich schützen, indem sie einen Broker ohne Nachschusspflicht wählen oder lieber mit Binären Optionen traden. Für die langfristige Geldanlage sind Aktien und ETFs besser geeignet. Einige Schwestergesellschaften von Alpari haben die Franken-Aufwertung zwar überlebt, deutsche Kunden gehören aber nicht zu ihrer Zielgruppe.
Bilderquelle: shutterstock.com
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